Die Zunft der Analysten und Volkswirte hat es derzeit nicht leicht, wie auch der Streit zwischen ifo-Chef Hans-Werner Sinn und DIW-Chef Klaus Zimmermann über den Sinn und Unsinn von ökonomischen Vorhersagen zeigt. Die sind nun einmal mit Unsicherheit behaftet, weil sich Volkswirte und Analysten immer im Rahmen ihrer Modelle und Modellannahmen bewegen. Doch soll man deswegen auf sie verzichten? Wir gehören zu den Befürwortern von Prognosen, denn sie sind die Grundlage aller Entscheidungen und Strategien.
Aus diesem Grund wollen wir in unserer heutigen letzten regulären DaxVestor-Ausgabe des Jahres 2008 einen Ausblick ins nächste Jahr wagen und für die wichtigsten Märkte eine Prognose abgeben.
USA: Ausgangspunkt und Zentrum der Krise
Beginnen wollen wir in den USA, wo mit dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes die gegenwärtige Krise begann. Die Krise hat sich seitdem auf alle Bereiche der US-Wirtschaft ausgebreitet. Nach der Finanzindustrie ist die Automobilbranche der spektakulärste Fall, der im Blickpunkt steht. Dabei muss man jedoch beachten, dass das Platzen der Blase im Finanzsektor den Niedergang der US-Automobilindustrie nur beschleunigt hat. Früher oder später wäre zumindest einer der drei US-Produzenten wahrscheinlich pleite gegangen, da GM, Ford und Chrysler im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz nicht überlebensfähig sind. Doch dies nur am Rande. Nachfolgend haben wir Pro- und Contra-Argumente gesammelt, deren Auswirkungen es anschließend zu bewerten gilt:
Es gibt nur eine kurze Rezession mit anschließender schneller Erholung im zweiten Halbjahr 2009, weil...
- die Fiskal- und Geldpolitik mit energischen Maßnahmen unterstützend eingreift
- die staatlichen Konjunkturpakete greifen werden
- die Autobauer und Zulieferer gerettet werden
- die sinkenden Energiepreise die Realeinkommen beflügeln werden
- die Immobilienpreise sich im Laufe des nächsten Jahres stabilisieren werden
Die Rezession wird länger und tiefer, weil...
- die Staatsdefizite immer größer werden und das Ausland die Defizite nicht mehr finanziert
- die Rettungsbemühungen scheitern und die Autobauer pleite gehen
- die Finanzbranche weiter in den Abgrund taumelt
- die Immobilienpreise weiter fallen
- eine Kreditklemme das Wachstum behindert
- der Konsum weiter einbricht und das Wachstum bremst
- die Arbeitslosigkeit steigt
Diese Auflistung zeigt, wie schwierig Prognosen derzeit sind. Fakt ist jedoch, dass eine Rezession da ist mit allen ihren negativen Auswirkungen auf die Produktion, den Konsum und den Arbeitsmarkt. Die impliziten Gewinnerwartungen der Unternehmen im S&P-500 (siehe auch Grafik auf Seite 3) lassen jedenfalls nichts Gutes erahnen. Dennoch ist es keinesfalls eine ausgemachte Sache, dass nun nur noch die Schwarzmaler das Sagen haben, denn sinkende Unternehmensgewinne gehören nun mal zu einer Rezession wie Blitz und Donner zu einem Gewitter. Interessant ist allenfalls die Frage, ob das gesamte Ausmaß der Gewinnrückgänge bereits in den Kursen enthalten ist.
Fazit USA
Wir gehen davon aus, dass es nicht zum Äußersten kommen wird und die staatlichen Konjunktur- und Rettungsprogramme Wirkung zeigen werden. Für die Automobilindustrie wird – auch wenn einer oder alle drei Konzerne in die Insolvenz gehen sollten – eine Lösung gefunden werden, die zumindest einen Teil der industriellen Infrastruktur erhält. Kurzfristig kann es noch zu weiteren Abwärtsbewegungen kommen, ab Mitte 2009 rechnen wir aber mit einem Licht am Ende des Tunnels und einer allmählichen Stabilisierung der Märkte. Endgültig Entwarnung gegeben werden kann jedoch erst, wenn die Immobilienpreise ihre Talfahrt beendet haben. Damit rechnen wir im vierten Quartal 2009 bzw. Anfang 2010.
Deutschland: Exporte im Blickpunkt
Damit nach Deutschland und Europa. Anders als in den USA ist die deutsche Konjunktur hauptsächlich vom Export getragen. Die Automobilkrise, aber auch die Konjunkturkrise in wichtigen Abnehmerregionen wie den USA, Asien und Osteuropa werden die deutsche Wirtschaft hart treffen. Gerade die Folgen des Konjunktureinbruchs in den CEE-Staaten, also Polen, Tschechien, die Slowakei, Rumänien, Ungarn, Russland, Bulgarien, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, den baltischen Staaten und anderen werden nach unserer Meinung oftmals unterschätzt. Die deutschen Exporte, aber auch die Exporte aus den anderen Eurostaaten in die CEE-Länder werden sich 2009 deutlich verringern. Noch 2008 gingen etwa ein Drittel der Exporte von Euroland in Richtung Osteuropa. Besonders berührt sind Hersteller von Investitionsgütern. Deutschland mit seiner Maschinenbau- und Investitionsgüterindustrie wird daher besonders hart betroffen sein. Im Gegensatz zur US-Wirtschaft, die relativ schnell wieder anspringen dürfte, wenn die Konsumenten ihre Kaufzurückhaltung wieder aufgeben, ist das exportorientierte Deutschland darauf angewiesen, dass erst einmal die Konjunktur in den Abnehmerländern wieder nach oben dreht. Dann wird, mit entsprechender Zeitverzögerung, auch die deutsche Wirtschaft wieder mehr Aufträge einholen können. Die US-Wirtschaft könnte daher vor der deutschen und europäischen Wirtschaft wieder das Rezessionstal verlassen.
Fazit Deutschland
Wie tief und wie lange die deutsche Wirtschaft zuvor in die Rezession fallen wird, darüber sind sich die Volkswirte uneinig. Die Schätzungen für das deutsche BIP 2009 gehen weit auseinander und reichen von -0,9 bis -4,0 Prozent. Zwar dürfte die Rezession wohl die schwerste seit Bestehen der Bundesrepublik werden, dennoch sind wir auch für Deutschland verhalten optimistisch. Als einzige der großen Notenbanken hat die EZB noch Pfeile im Köcher, die sie in den nächsten Monaten verschießen kann. Während die US-Notenbank Fed, die japanische und die Schweizer Notenbank faktisch schon eine Nullzinspolitik betreiben, besteht in Euroland weiteres Zinssenkungspotenzial. Auch die Bundesregierung kann noch einmal nachlegen und weitere Konjunkturpakete auflegen.
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Viel Erfolg wünscht
Ihre
DaxVestor Redaktion
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